Polen
Die genaue Anzahl der nach Kriegsende in Polen verbliebenen KDL 1 Maschinen ist unbekannt, es dürfte sich aber um deutlich mehr als jene 1169 Maschinen gehandelt haben, welche zum 1. September 1946 gemäß des Umzeichnungsplans der sowjetischen Militärtransportverwaltung in die Baureihe Ty 2 eingereiht wurden, dabei waren die ersten 13 Nummern den in Polen verbliebenen Kondenslokomotiven vorbehalten.

1948 wurden weitere 37 KDL 1 in Ty 2 umgezeichnet. Es handelte sich dabei um Maschinen, welche sich schon vorher in Polen befunden hatten, aufgrund von Schäden aber noch nicht in den Bestand übernommen worden waren oder um neu nach Polen verbrachte Exemplare aus anderen Ostblock-Staaten. In den Jahren 1962 und 1963 kaufte die PKP 200 der in der Sowjetunion entbehrlich gewordenen TЭ Lokomotiven, die als Ty 2-1207 bis Ty 2-1407 in den Bestand eingereiht wurden. Weitere 29 Maschinen gingen als Werklokomotiven zur PMP-PW, der Przedsiębiorstwo Materiałów Podsadzkowych Przemysłu Węglowego (schlesische Sandbahn). Dort wurden sie auch als Baureihe Ty 2 bezeichnet, behielten aber ihre ursprüngliche DRB Ordnungsnummer.

Ab Februar 1945 bis Mitte 1946 entstanden auf Weisung der sowjetischen Militäradministration (SMA) u.a. bei Chrzanów und Cegielski (während der deutschen Besatzung als Krenau und DWM bezeichnet) etliche weitere KDL 1 Maschinen, die zum großen Teil aus bereits angearbeiteten Baugruppen fertiggestellt wurden. 150 dieser Nachkriegslieferungen wollte man 1946 in einen Bestand einbringen, der fest für den "freien Verkehr Polens" vorgesehen war. Da bei fast allen dieser Maschinen zum Zeitpunkt der Auslieferung noch die vorgesehene Reichsbahnnummer angeschrieben war und man Verwechslungen mit sowjetischen Trophäenloks vermeiden wollte, sollten alle 150 Lokomotiven alsbald umgezeichnet werden und die Nummern Ty 42-1 bis Ty 42-150 erhalten. Weil es trotzdem zu mehreren (durch die sowjetischen Besatzer verursachten) ungeplanten Bewegungen innerhalb dieses Bestandes kam, wurde zum 3. Januar 1947 ein teilweise geändertes Inventarverzeichnis für die Reihe Ty 42 erstellt.

Um noch einmal zu präzisieren und um die immer noch weit verbreitete Fehleinschätzung, die Ty 42er seien "irgendwie nachgemachte" polnische 52er richtig zu stellen, kurz noch folgende Bemerkung. Da war nichts "Nachgemachtes", die 150 Ty 42er waren nach heutigem Kenntnisstand fast ausschließlich "echte", von der Reichsbahn bestellte KDL 1, welche bei Kriegsende aber noch nicht fertiggestellt waren und die später mit bereits angearbeiteten Baugruppen komplettiert und ausgeliefert wurden.

Ein oder zwei zusätzliche Hinweise zu den Nachkriegslieferungen erscheinen uns jetzt noch mehr als angebracht. Die Nachkriegswirren sowie das rücksichtslose Verhalten der sowjetischen Besatzer dürften der Grund für die meisten jener widersprüchlichen Angaben in den Statistikteilen der Fachliteratur sein, welche beim Auswerten von verschiedenen Veröffentlichungen immer wieder auftauchen. Speziell der Nummernkreis zwischen Ty 42-29 und Ty 42-39 weist in unterschiedlichen Veröffentlichungen Abweichungen bei Fabrik- und Loknummern auf, sie differieren jeweils um mindestens Plus/Minus eine Nummer. Außerdem kann man bezweifeln, dass die "Lebensläufe" von Ty 42-1 bis Ty 42-61 wirklich so geradlinig wie bei Stankiewicz/Garbacik in Ty2 - Wojenna lokomotywa na pokojowe czasy, Verlag Eurosprinter angegeben verlaufen sind, oder ob Sliwa/Tempel in ihrem Aufsatz Die Identität der polnischen Ty 42, Lok Report Ausgabe 08/1990, S. 42 ff. mit den arg "gebrochenen" Angaben die Realität der Nachkriegszeit nicht doch genauer abgebildet haben. Die abweichenden Angaben von Sliwa/Tempel sind bei den betroffenen Maschinen als Klammervermerke unter der Auslieferung aufgeführt.

Über zwei Jahrzehnte hinweg für den Reise- und Güterzugdienst auf Haupt- und Nebenbahnen unverzichtbar, wurden die Ty 2/Ty 42 durch die Elektrifizierung der Hauptstrecken und die neue Dieselkonkurrenz nach und nach in den Nebenbahndienst abgedrängt. Erstaunlicherweise hielt sich der Bestand recht lange auf demselben hohen Niveau wie in den 1960er Jahren. Die ersten Ausmusterungswellen (für etwa 200 Maschinen) liefen erst in den 1970er Jahren an, trotzdem war bereits Ende der 1980er Jahre das endgültige Aus absehbar. Obwohl die PKP 1990 noch 338 Ty 2 und 61 Ty 42 im Bestand hatte, wurde bereits ein Jahr später der offizielle Einsatz von Dampflokomotiven beendet. Mitte 1992 waren immer noch viele Maschinen vorhanden, über das ganze Land verstreut jedoch fast ausschließlich nur noch als Reserve- oder Heizloks oder gar abgestellt. Einzig Wolsztyn (Wollstein) setzte noch einige Loks im Planverkehr ein...

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